(Predigttext: 1Petr 4,7-11)

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde!

Was ist Kirchengemeinde? Ist das überhaupt noch wichtig, dass es hier in Bornum unsere evangelische Kirchengemeinde gibt?

Wenn ich sonntags in die doch oft sehr leere Kirche schaue, frage ich mich das tatsächlich.

Gut, es gibt da immer wieder Sonntage, an denen das anders ist.

Da sind Menschen, die immer und gerne kommen, von denen ich weiß, dass Ihnen das wichtig ist, sonntags in den Gottesdienst zu gehen.

Und da seid auch ihr Konfirmanden, die in die Kirche gehen, weil das zum Konfirmandenunterricht dazu gehört.

Aber da sind eben auch so viele, die nur selten oder nie zur Kirche kommen.

Die dann auch sagen: Das ist nichts für mich. Gottesdienst am Sonntag, da höre ich doch nur, was früher einmal war, aktuell und für mein Leben bedeutsam ist das nicht.

Schade, dass das gerade die sagen, die es nicht wenigstens mal ausprobieren.

Denn ich glaube – und das sage ich nicht nur, weil ich Pfarrerin bin – das ist ganz wichtig und für mein Leben sehr bedeutsam, sonntags in den Gottesdienst zu gehen.

Und dafür gibt es viele Gründe.

Gottesdienst am Sonntag, das ist eine Auszeit vom Alltag. Das ist etwas ganz anderes als ich es an den übrigen sechs Tagen in der Woche erlebe.

Ich höre Worte, die mein Leben in ein anderes Licht setzen.

Die sich sehr von dem unterscheiden, was ich in der Zeitung lese, in den Nachrichten höre, beim Arzt gesagt bekomme, im Beruf erlebe oder in der Schule lerne.

Im Gottesdienst geht es um mich. Es geht darum, was mir gut tut. Was mir auch hilft in den dann wieder folgenden sechs Tagen Alltag. Was mich stärkt auch mal gegen Widerstände. Ich muss mich eben nur darauf einlassen.

Dann ist ein Gottesdienst Wellness für die Seele.

Ich höre, wie Gott von mir denkt. Wie wichtig ich Gott bin. Dass Leistung, die im Alltag an erster Stelle steht, vor Gott nicht zählt.

Wenn ich in den Gottesdienst gehe, muss ich mich nicht beweisen.

Vor Gott sind alle Menschen gleich-wichtig und gleich-wertig.

Also: Gottesdienst stärkt mein Selbstbewusstsein und macht mich groß.

Wenn ich nach einer wirklich schlechten Woche in den Gottesdienst gehe, wenn ich traurig bin, dann erfahre ich am Sonntag Trost. Tröstende Worte muss ich zugesprochen bekommen, die kann ich mir nicht selber sagen.

Im Gottesdienst wird mir eine neue Perspektive eröffnet. Ich blicke über mein Leid hinaus und ahne, dass da so viel mehr ist, als ich sehe.

Gerade nach der Erfahrung des Todes eines lieben Menschen so wichtig. Zu hören, dass Trauer gut und wichtig ist und genauso, dass es nach dem Tod weitergeht. Für den Verstorbenen und genauso für mich.

Zum Gottesdienst und zur christlichen Gemeinde gehört Gemeinschaft.

Da bin ich auch mit Menschen zusammen, die ich noch nicht oder noch nicht gut kenne, die aber genauso dazugehören. Da wird niemand ausgeschlossen, da darf jeder dabei sein und wird seinen Platz finden.

Du bist hier wichtig. Deine Geschichte, deine Sorgen und Fragen genauso wie deine Freude haben hier ihren Ort.

Im Predigttext für heute ist wunderbar beschrieben, wie das funktioniert:

„Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe; denn die Liebe deckt auch der Sünden Menge.

Seid gastfrei untereinander ohne Murren.
Und dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes:
wenn jemand predigt, dass er’s rede als Gottes Wort; wenn jemand dient, dass er’s tue aus der Kraft, die Gott gewährt, damit in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesus Christus. Sein ist die Ehre und Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit!“

Alte Worte, ja.

Aber trotzdem nicht weniger aktuell. Der Text beschreibt, was einen Christen ausmacht. Wie sich der Glaube an Gott im Alltag zeigt und woher er seine Kraft und Relevanz für mein Leben bekommt. Was unsere Gemeinschaft ausmacht.

Habt untereinander beständige Liebe.

Das ist die Überschrift und das wichtigste. Wir, die wir hier im Gottesdienst zusammen sitzen, sind mehr als Mitmenschen. Wir sind Schwestern und Brüder, denn uns verbindet etwas ganz wichtiges: Der Glaube an denselben Gott.

Gottesdienst verbindet ganz unterschiedliche Menschen zu Schwestern und Brüdern.

Geschwister also, die sich zwar auch mal streiten können, wo aber Versöhnung etwas ganz wichtiges ist. Wo der liebevolle Blick auf den anderen wichtig ist und damit das Anerkennen: Du bist genauso ein geliebtes Kind Gottes wie ich es bin.

Geschwister im Glauben reden nicht schlecht übereinander. Sie sind nicht neidisch aufeinander. Sie gönnen dem anderen alles und wollen das Beste für ihn.

Und auch damit wieder erfahren wir im Gottesdienst, in der christlichen Gemeinde etwas ganz anderes als sonst in unserem Alltag.

Seid gastfrei untereinander ohne Murren.

In unserer Gemeinde stehen die Türen immer offen. Da gibt es keine geschlossenen Gruppen. Jeder darf jederzeit dazu kommen im Wissen, dass er willkommen ist.

Christliche Gemeinde ist einladende Gemeinde.

Da stören Neue nicht. Da ist es ganz selbstverständlich, auch mit denen zusammen Gottesdienst zu feiern, für die das zunächst ungewohnt ist.

Da haben Kinder genauso ihren Platz wie Jugendliche, junge Erwachsene, Erwachsene und Senioren.

Der Gottesdienst verbindet die Generationen. Auch da würde ich sagen: das gibt es sonst im Alltag kaum.

Dient einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat.

Dienen ist ein schwieriges Wort. Da hören wir erstmal Unterordnung raus. So ist es aber nicht gemeint. Auch hier ist die Überschrift: Wir sind eine Gemeinschaft von Schwestern und Brüdern. In diese Gemeinschaft bringt jeder ganz selbstverständlich das ein, was er gut kann, was er gerne tut.

Davon lebt unsere Gemeinschaft. Im Gottesdienst braucht es nicht nur die Pfarrerin. Da braucht es genauso die Küsterin, die Organistin, diejenigen, die singen und diejenigen, die beten. Die, die reden und die, die zuhören.

Alle gehören dazu und jeder bringt das ein, was er kann. Wichtig ist: das reicht. Niemand muss alles tun, niemand muss sich überfordern. Und doch können wir gemeinsam so viel erreichen.

Es bringt nun mal nichts, darüber zu jammern, dass sich Strukturen verändern. Ein Pfarrer für mehrere Gemeinden zuständig ist, das Geld in der Kirchengemeinde knapp ist. Denn: durch Jammern verändert sich nichts.

Wir sind die guten Haushalter der Gnade Gottes, heißt es weiter im Text.

Ich möchte von dieser Gemeinschaft, die ich in der Kirchengemeinde erfahre, weitergeben. Das sollen mehr Menschen erfahren. Unsere Kirchengemeinde ist ein Schatz, der nicht im Verborgenen bleiben darf.

Wir brauchen die Kirche, dessen bin ich mir ganz sicher. Und ich denke, dem würden auch die, die nicht in den Gottesdienst kommen, zustimmen.

Das heißt also: Der Gottesdienst gehört am Sonntag an die erste Stelle. Die Türen stehen offen, wir brauchen nur einzutreten.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.