(Predigttext: Dtn 6,4-9)

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde!

Eine Predigt am Sonntag ist eine Herausforderung. Nur zuhören. Ungefähr eine Viertelstunde lang. Nur dasitzen, nach vorne schauen und hören.

Das sind wir alle überhaupt nicht mehr gewohnt. Wir brauchen eigentlich mehr Sinneseindrücke als nur diesen einen oder tun sowieso mehrere Dinge gleichzeitig.

Wenn wir im Alltag etwas hören, tun wir das selten bewusst. Geräusche ziehen an uns vorbei, ganz selbstverständlich, die nehmen wir gar nicht mehr wahr.

Zum Beispiel die Nähe der Autobahn. Da fällt es mir schon eher auf, wenn ich sie nicht höre. Der stetige Verkehrslärm ist mir ganz selbstverständlich geworden.

Wenn ich den Fernseher einschalte, höre ich auch nicht wirklich bewusst zu, das ist eher eine Berieselung, zu der das Bild genauso gehört wie der Ton.

Wenn ihr Konfirmanden heute Musik hört, dann läuft die nebenbei. Kopfhörer auf während ihr zur Schule fahrt oder Musik vom Handy, während ihr Hausaufgaben macht.

Gibt es da überhaupt noch Situationen, in denen ich nur höre, also zuhöre?

Jetzt gerade in diesem Moment erwarte ich das zumindest von Ihnen und Euch. Und gleichzeitig weiß ich um diese Herausforderung.

Eine Viertelstunde lang der Herausforderung widerstehen, aufs Handy zu schauen, im Gesangbuch zu blättern, mit dem Nachbarn zu reden oder einfach abzuschalten, mit den eigenen Gedanken ganz woanders zu landen.

Statt dessen: Zuhören.

Für die Menschen, für die der folgende Text geschrieben wurde, war das noch ganz selbstverständlich:

„Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.
Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst.
Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein, und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore.“

Das Grundbekenntnis des Judentums, das auch zur Grundlage des christlichen Glaubens geworden ist.

Für uns also: „Höre, Bornum (Ortshausen), der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.“

Mit Hören ist das Zuhören gemeint. Die Aufforderung steht am Anfang, um zu zeigen, dass jedes der folgenden Worte ganz wichtig ist.

Sie sollen nicht als Geräusche an uns vorbeirauschen, sondern unser Herz erreichen.

Hier geht es um existentiell Wichtiges. Die Summe des Glaubens sozusagen.

Als erstes und wichtigstes: Der Herr ist unser Gott, der Herr allein.

Also: Es ist nur ein Gott, an den wir glauben.

Dieser Gott ist für alle Fälle des Lebens zuständig. Er hält die ganze Welt in seiner Hand, wie es in einem Lied zum Kindergottesdienst heißt.

Er ist einer, der das ganze Leben trägt und uns durch alle Fälle des Lebens tragen will. Er lässt sich nicht beschränken auf einen Bereich oder eine bestimmte Funktion und auch nicht für ein spezielles Bedürfnis vereinnahmen.

Gott reicht den Menschen seine Hand, um uns auf dem Weg durch das Leben und die Geschichte ein verlässlicher Begleiter zu sein.

Der Anfang dieser Geschichte ist in der Bibel zu lesen: Gott hat mit Abraham einen Bund geschlossen, er hat ihm Schutz angeboten und ihm Land und Nachkommen, Heimat und Zukunft verheißen.

Von da an war Gott an der Seite seines Volkes.

In der Zeit der Unterdrückung in Ägypten hat er die Hoffnung auf Befreiung wachgehalten und durch Mose Orientierung für das Leben in Freiheit gegeben.

In guten und satten Jahren hat er durch die Propheten gemahnt, diese Gebote nicht zu vergessen, und sich dabei als einer gezeigt, der geduldig und gnädig auf das Versagen reagiert, Schuld vergibt und Versöhnung ermöglich. Im Babylonischen Exil war es der Glaube an diesen Gott, der den Menschen die Kraft zum Durchhalten, zum Neuanfang und eine Perspektive für die Zukunft geschenkt hat.

In Jesus Christus ist dieser Gott Mensch geworden, einer von uns, der das menschliche Leben von Geburt bis Tod durchgemacht hat, der weiß, was es heißt, ein Mensch zu sein und deshalb alles versteht, was uns bewegt.

„Der Herr ist unser Gott, der Herr allein.“

In diesen wenigen Worten steckt also die gesamte Geschichte Gottes mit uns Menschen. Alles, woran wir glauben, ist damit ausgedrückt und mitgedacht.

Deswegen muss ich da schon genau zuhören.

Weiter geht es mit: „Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.“

Was für menschliche Beziehungen gilt, gilt erst recht für unsere Beziehung zu Gott: Ohne Liebe funktioniert sie nicht.

Liebe ist ein Grunderlebnis. Weil wir zuerst geliebt wurden, können wir lieben.

Und: Liebe kann niemals auf Dauer nur einseitig sein, denn daran würde jede Beziehung zerbrechen.

Liebe beruht auf Gegenseitigkeit.

Bezogen auf die Gottesbeziehung also: Weil Gott uns zuerst geliebt hat, können wir ihn lieben.

Wer Liebe empfangen hat, wird immer auch Liebe geben wollen.

„Der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, liebhaben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft.“

Wie wir mit diesen Worten umgehen sollen, damit wir sie im Alltag nicht vergessen, steht auch im Text: Wir brauchen dafür ein Merkzeichen.

Weil diese Worte die Grundlage unseres Glaubens sind, gehören sie auf einen Merkzettel. Denn natürlich denke ich im Alltag nicht immer daran.

Deswegen hängen an der Kirchentür Merkzettel mit genau diesen Worten. Nehmen Sie sich nachher beim Rausgehen doch einfach einen mit. Zuhause finden Sie sicherlich einen Ort, wo dieser Zettel hingehört, damit er immer mal wieder auffällt und daran erinnert:

Der Gott, an den wir glauben, ist die Liebe. Er ist ein Gott in jedem Fall.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.