(Predigttext: 1Kor 15,19-28)

Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde!

„Aber Jesus war doch kein Verbrecher.“ – so hat es ein Kind in dieser Woche im Kindergarten gesagt, als ich die Ostergeschichte vorgelesen habe.

Da konnte ich erstmal nur sagen: Da hast du recht. Jesus war kein Verbrecher.

Und trotzdem wurde er damals wie ein solcher getötet. Das bleibt schwer zu verstehen.

Eigentlich hatte doch alles so gut angefangen. Alles sollte gut werden, eine bessere Welt hat dieser Jesus gepredigt und gelebt. Eine Welt, geprägt davon, dass die Menschen liebevoll miteinander umgehen, aufeinander achten, Rücksicht nehmen, nicht sich selbst an erste Stelle setzen. Glaube, Hoffnung und Liebe als die wichtigsten Werte im Leben hat er gepredigt.

Jesus hat sein Leben in dem Bewusstsein gelebt, dass er sich verdankt, dass er das Leben nicht in der Hand hält, sondern es vom Schöpfergott geschenktes Leben ist. Die Gleichheit aller Menschen vor Gott hat er radikal vertreten. Er hat so vielen Menschen Hoffnung gegeben und die Liebe so radikal gelebt, dass er sogar seinen Feinden verzeihen konnte.

Damit hat er sich nicht bei allen beliebt gemacht. Das widersprach der Meinung der Mächtigen. Alle Menschen gleich, alle Menschen geliebt – das geht doch nicht, das gefährdet unsere Macht. Und dann behauptete dieser Jesus auch noch Gottes Sohn zu sein, besser zu wissen, was Gottes Wille sei, als die uns überlieferte Schrift – Gotteslästerung!

Ja, da war die Bequemlichkeit, in der man sich so gut eingerichtet hatte, in Gefahr. Die Gesetze und Regeln waren bekannt, danach lebte es sich eigentlich ganz gut. Das garantierte eben auch Sicherheit.

Und dann kommt einer, der das alles ganz anders sieht? Und damit auch noch für Begeisterung sorgt?

Volksverhetzung! Das geht nicht.

Dieser Unruhestifter muss weg.

„Aber Jesus war doch kein Verbrecher.“

Unsere Logik kommt hier eben doch an Grenzen.

In den Augen der Jüngerinnen und Jünger war es mit Jesus aus und vorbei. Sie hatten erlebt, wie er verhaftet wurde. Heimlich hatte vielleicht jemand bei den Verhandlungen vor dem Hohen Rat und der römischen Besatzungsbehörde mitangehört, was gegen Jesus vorgebracht wurde. Sie hatten voller Entsetzen das Toben der aufgeputschten Volksmenge mit ihrem „Kreuzigt ihn“ um sich gehabt.

Dann dieser Weg hinaus vor die Stadt, das Kreuz, die Soldaten, ein paar Befehle und Schreie, all das ging so rasend schnell über sie hin und an ihnen vorbei.

Ja, in ihren Augen war es mit Jesus zu Ende. Aus, vorbei.

Zaghaft darum nur der Versuch, einem Toten die letzte Ehre zu erweisen. Das war der Besuch am Grab, die Versorgung des Leichnams mit Öl und Salben.

Es hat etwas Ergreifendes, sich den Liebesdienst der Frauen vorzustellen, die da in der Frühe des ersten Tages der neuen Woche, vielleicht schon in der vergehenden Nacht, aufgebrochen sind, um das Grab zu sehen, um nach Jesus zu sehen.

Sie stehen fassungslos dem Ende dieses Lebens gegenüber. Die fromme Ehrfurcht richtet sich auf das Grab.

Das bleibt ihnen als Letztes. In ihren Augen gibt es nichts Anderes mehr.

Und dann: Der Stein weggerollt, das Grab offen, das Grab leer. Da ist kein Toter mehr.

Warum sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Fragt sie ein Engel.

„Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Diese blitzartige Erkenntnis muss ihnen gekommen sein.

Sie verstehen: Wir suchen Jesus hier im Grab an der falschen Stelle.

Unser Herz sagt: Hier ist er nicht zu finden. Es ist nicht vorbei. Es geht weiter mit ihm.

Unser Herz sagt: Gegen den Augenschein kann der Tod Jesus nichts anhaben.

Das ist das Wesentliche. Darauf kommt es an.

Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Die Auferstehung Jesu.

Das ist nichts Sichtbares, nichts Greifbares.

Sichtbar war damals nur das leere Grab. Fühlbar war die Liebe.

In den Herzen war auf einmal die Erkenntnis: Jesus ist auferstanden.

Das ist den beiden Frauen am Grab auf einmal so klar geworden, dass sie sich nur noch freuten, so sehr, dass das mit Worten kaum zu beschreiben ist.

Das, liebe Gemeinde, war die Osterfreude.

Das ist die Osterfreude, die immer noch bewegt. Die an jedem Osterfest wieder in unsere Herzen trifft.

Jesus ist auferstanden. Da ist nichts zu hinterfragen. Da ist nur Freude.

Jesus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.

Die Gewissheit, dass das Leben damals gesiegt hat, dass es immer siegen wird.

Diese Gewissheit trägt meinen Glauben. In dieser Zuversicht weiß ich, dass der Glaube Bestand haben wird, dass die christliche Kirche Bestand haben wird.

Denn diese Osterfreude über den Sieg des Lebens ist das Wichtigste, dass wir in unserem Leben haben.

Das ist der einzige Wert, der wirklich über alles hinaus tragen kann.

Denn soviel Hoffnung, soviel Kraft – Lebenskraft – liegt in keiner menschlichen Rede.

Auferstehung. Ostern.

Das ist einmalig geschehen.

Die Kraft daraus bleibt.

Wie schön, wenn wir es an diesem Osterfest schaffen, diese Kraft ganz selbstverständlich wahrzunehmen und aufzunehmen in unser Leben.

Die Auferstehungskraft.

Denn: genauso selbstverständlich wie es in der letzten Woche im Kindergarten war, dass Jesus kein Verbrecher war, war für die Kinder auch die Auferstehung.

Da waren keine Fragen, sondern das war ganz klar: Jesus ist auferstanden und seitdem ist er immer bei uns.

Jesus ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.